Andreas Eschbach: Todesengel
TODESENGEL von Andreas Eschbach greift das hochaktuelle Thema der Selbstjustiz bei brutalen Ăbergriffen von Jugendlichen auf Passanten auf.
Gelesen von Matthias Koeberlin
Als der Journalist Ingo Praise von dem Fall des Rentners Erich Sassbach hört, der von ein paar Jugendlichen an einer U-Bahn Haltestelle völlig sinnlos zusammengeschlagen wurde, wird er mehr als nur neugierig. Denn das Kuriose an der Geschichte ist: Sassbach behauptet, ein Engel hĂ€tte ihn gerettet und die Jugendlichen allesamt erschossen. TatsĂ€chlich liegen die TĂ€ter tot im Gras, doch die Polizei verdĂ€chtigt nur einen: das Opfer selbst. Ingo hingegen will der Sache nachgehen und findet auch wirklich einige Unstimmigkeiten im Konstrukt der Ermittler. Aber ist das nicht alles nur billige Phantasterei: ein Engel, der Unschuldige vor grundlosen Ăbergriffen beschĂŒtzt?
Ingo veröffentlicht die Story trotzdem und macht den imaginĂ€ren Racheengel umgehend zum Medienstar – Selbstjustiz scheint Vielen ein geeigneter Weg zu sein, um wachsender Alltagsgewalt und zahnlosen Gerichtsurteilen endlich etwas entgegen zu setzen. Doch das Thema polarisiert nicht nur die Ăffentlichkeit, auch Ingo selbst hat es bald mit den ernsten Drohungen zu tun.
Todesengel
Andreas Eschbach greift in seinen BĂŒchern hĂ€ufig hochaktuelle Themen auf. Ging es in âAusgebranntâ um eine Welt ohne Ăl und in âDer Herr der Dingeâ um Nanotechnologie, so nimmt er sich in seinem neuen Thriller âTodesengelâ ein PhĂ€nomen vor, die nicht nur in den Medien hoch emotional diskutiert wird: Immer wieder kommt es zu scheinbar grundlos-brutalen Ăbergriffen von Jugendlichen auf einzelne Passanten, sei es auf leeren Bahnsteigen oder, wie im Fall Jonny K., mitten im Herzen der Stadt, auf dem Berliner Alexanderplatz. Und, schlimmer noch: Nicht selten entsteht dabei der Eindruck, dass die TĂ€ter bei den nachfolgenden Verurteilungen oft mit einem blauen Auge davon kommen, wĂ€hrend die Opfer leer ausgehen und allein mit den Folgen ihrer körperlichen und seelischen Verletzungen zurecht kommen mĂŒssen.
Andreas Eschbach geht daher in durchaus polarisierender Weise der Frage nach, ob nicht in manchen solcher FĂ€lle Selbstjustiz gerechtfertigt sein könnte. Eschbach selbst bezieht hierzu zunĂ€chst keine eindeutige Position, sondern bietet den Lesern erst einmal ein FĂŒr und Wider der verschiedenen Positionen und Perspektiven an. Und auch wenn seine Story sehr dramatisch – und natĂŒrlich in der zentralen Frage eindeutig – ausgeht, trĂ€gt er damit zu einer Diskussion bei, die an Brisanz und AktualitĂ€t nichts verloren hat.
Ăberzeugend gelesen ist das Ganze von dem Schauspieler Matthias Koeberlin, der schon zwei Mal mit dem Deutschen Hörspielpreis als Bester Sprecher ausgezeichnet wurde.
Andreas Eschbach ist in Ulm geboren. Verheiratet, ein Sohn. Studierte in Stuttgart Luft- und Raumfahrttechnik, wechselte aber noch vor dem AbschluĂ in die EDV-Branche. Seit September 2003 mit seiner Frau und seinem Sohn in der Bretagne.