Daniela Dröscher: Lügen über meine Mutter
Daniela Dröscher ist mit “Lügen über meine Mutter” ein großartiger, lebensnaher und tragikomischer Herkunftsroman gelungen.
Ela ist sechs Jahre alt und lebt in den 1980er Jahren mit ihren Eltern in dem kleinen Ort Obach in Hessen. Ihr Vater hat einen öden Schreibtischjob und kommt in der Firma schon seit Jahren nicht voran. Die Erklärung dafür hat er längst gefunden: Der Körperumfang seiner Frau ist einfach nicht repräsentabel; er hindert ihn daran, endlich gesellschaftlich aufzusteigen. Elas Mutter ist Fremdsprachenkorrespondentin und eine herzensgute Frau. Als ihre eigene Mutter dement wird, pflegt sie sie und nimmt gleich noch eine Verwandte in Elsas Alter als Pflegekind auf. Doch die Sticheleien ihres Mannes reißen nicht ab. Ela macht sich immer mehr Sorgen um die Ehe ihrer Eltern.
In ihrem Herkunftsroman “Lügen über meine Mutter”, der Anfang der 1980er Jahre spielt, gibt uns Daniela Dröscher einen ungeschönten und authentischen Einblick in eine Familie, in der der Vater um gesellschaftliche Anerkennung ringt und die Schuld für den ausbleibend Erfolg bei seiner Frau sucht: Sie ist einfach zu dick. Wie in einem Kammerspiel mit nur wenigen Personen baut Dröscher eine ebenso intensive wie schonungslose Story auf, die aus der Sicht ihres jungen Alter-Egos, des Mädchens Ela erzählt wird. Tief in der hessischen Provinz lebt sie mit ihren Eltern, ihrer kleinen Schwester, den Großeltern und mit Jessy, dem gleichaltrigen Pflegekind unter einem Dach. Und sie beobachtet, dass ihr Vater ihre Mutter immer wieder mit gehässigen Sprüchen und Vorwürfen überzieht, um ihr die Schuld an seinem Versagen zu geben. In diesen manchmal bedrückenden, manchmal nur noch absurd-komischen Ablauf streut die Autorin immer wieder Interviews ein, die sie mit ihrer Mutter Jahre später geführt hat und in denen diese die damaligen Erlebnisse aus heutiger Sicht kommentiert. Daniela Dröscher ist mit “Lügen über meine Mutter” ein großartiger, lebensnaher und tragikomischer Roman gelungen, der zeigt, wie in den 1980er Jahren die Rolle der Frau im Spannungsfeld zwischen Küche und Kindererziehung, Arbeitswelt und BMI aussah und wie sehr die gesellschaftlichen Erwartungen auf das Private einwirkten – aber auch, wie eine starke Frau für die Selbstbestimmung in ihrem Leben kämpfen konnte.
Daniela Dröscher, Jahrgang 1977, aufgewachsen in Rheinland-Pfalz, lebt in Berlin. Sie schreibt Prosa, Essays und Theatertexte. Studium der Germanistik, Philosophie und Anglistik in Trier und London, Promotion im Fach Medienwissenschaft an der Universität Potsdam sowie ein Diplom in »Szenischem Schreiben« an der Universität Graz. Seit Herbst 2018 ist sie Ministerin im Ministerium für Mitgefühl..
Rezension von Silke Schröder
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