Han Kang: Die Vegetarierin
DIE VEGETARIERIN von Han Kang ist ein eindringlicher und ungeschminkter Blick auf die Rolle der Frau in der südkoreanischen Gesellschaft.
Als die junge Ehefrau Yong-Hye eines Tages beschließt, kein Fleisch mehr zu essen, ist das ein Schock für die ganze Familie. Nicht nur zu Hause, überall stößt sie mit ihrer absonderlichen Einstellung auf Ablehnung und Verstörung – zum Entsetzen ihres Mannes, der immer nur eine unscheinbare, ganz normale Ehefrau wollte, die still ihre Aufgaben erfüllt und sonst nicht weiter auffällt. Denn schließlich ist auch er ein Mann ohne besondere Eigenschaften, auf dem Weg zu einer mittelmäßigen Karriere in einem ganz und gar durchschnittlichen Leben. Immer deutlicher wird, dass Yong-Hye nicht mehr in seinen Lebensentwurf passt, und auch ihre Eltern wenden sich mehr und mehr von ihr ab. Einzig ihre Schwester hält noch zu ihr …
Die Vegetarierin
In “Die Vegetarierin” beschäftigt sich die Südkoreanerin Han Kang mit der Rolle der Frau in der südkoreanischen Gesellschaft. Yong-Hye verweigert sich immer mehr den gesellschaftlichen Ansprüchen und flüchtet sich in Wahnvorstellungen: Sie möchte ein Baum sein, standhaft, unbeeindruckt von seiner Umwelt und einfach nur da. Schon 2006 erschienen, hat Han Kangs aufrüttelnder Roman nichts an Aktualität verloren. Sie erzählt ihre Geschichte aus verschiedenen Perspektiven.
Das erste Kapitel wird aus der Sicht des Ehemanns beschrieben, in dessen Ausführungen sie immer wieder Yong-Hyes Gedanken absatzweise einbaut. Im zweiten Kapitel lässt sie ihren Schwager in der Ich-Perspektive zu Wort kommen, der als Künstler immer mehr den Traumwelten Yong-Hyes verfällt und sie für seine Zwecke ausnutzt.
Das dritte Kapitel erzählt Han Kang aus Sicht der Schwester Ho-Hye, die sich fürsorglich um ihre Schwester kümmert. Und dabei immer mehr ins Grübeln kommt. Über ihr Dasein als Mutter, Schwester, Tochter und durchaus erfolgreiche Unternehmerin, die stets das liefert, was von ihr erwartet wird. So ist “Die Vegetarierin” von Han Kang ein eindringlicher und ungeschminkter Blick auf die Rolle der Frau in der südkoreanischen Gesellschaft. Und auf einen drastischen Ausbruch aus allen Rollenklischees.
Die Autorin
Han Kang ist die wichtigste literarische Stimme Koreas. 1993 debütierte sie als Dichterin, seitdem erschienen zahlreiche Romane. 2016 erhielt sie gemeinsam mit ihrer Übersetzerin den Man Booker International Prize. Seitdem haben ihre Bücher auch international großen Erfolg. Zuletzt erschien von ihr bei Aufbau der Roman „Menschenwerk“, der mit dem renommierten italienischen Malaparte-Preis ausgezeichnet wurde. Derzeit lehrt sie kreatives Schreiben am Kulturinstitut Seoul.
Die Übersetzerin
Ki-Hyang Lee (koreanisch 이기향), geboren 1967 in Seoul, studierte Germanistik in Seoul, Würzburg und München. Sie lebt in München und arbeitet als Lektorin, Übersetzerin und Verlegerin. Sie übersetzte u.a. Han Kangs »Die Vegetarierin« ins Deutsche.