
Jonathan Franzen: Unschuld
Mit UNSCHULD gelingt Jonathan Franzen ein moderner Gesellschaftsromanmit viel schwarzen Humor und einen präzisen Blick.
Gelesen von Sascha Rotermund und Walter Kreye
Purity “Pip” Tyler wohnt in einem besetzten Haus in Oakland an der San Francisco Bay. Leider hat sie trotz ihrer Jugend aber auch schon jede Menge Schulden und einen öden Job, der nicht viel einbringt. Viel schlimmer ist jedoch, dass ihre eigenwillige Mutter ihr partout nicht verraten will, warum sie ihren Familiennamen geändert hat und wer eigentlich Pips biologischer Vater ist. So wird sie sehr neugierig, als ihre neue deutsche Mitbewohnerin ihr vom „Sunlight Project“ des Netzaktivisten und Enthüllungsjournalisten Andreas Wolf erzählt.
Kann der erfolgreiche Hacker ihr vielleicht helfen, an ihre Geburtsdokumente zu kommen? Als sie von Andreas tatsächlich einen Praktikumsplatz in seiner bolivianischen Organisationszentrale angeboten bekommt, reist sie kurzentschlossen nach Südamerika, um in den bolivianischen Bergen an neuen Enthüllungen mitzuwirken – und nebenbei ihr eigenes Familienschicksal aufzuklären.
Unschuld
Mit “Unschuld” gelingt Jonathan Franzen ein wunderbarer moderner Gesellschaftsroman, der sich durch viel schwarzen Humor und einen präzisen Blick auf die Ereignisse auszeichnet. Dabei schafft er es, aktuelle gesellschaftspolitische Themen mit beschwingter Leichtigkeit auf den Punkt zu bringen. Im Mittelpunkt seiner Story stehen die junge Pip Tyler, die sich mit viel jugendlich-naivem Idealismus auf die Suche nach ihrem Vater macht und Andreas Wolf, der als Sohn eines DDR-Funktionärs Einiges über die Macht von Geheimorganisationen mitbekommen hat und jetzt in den Bergen Boliviens für die Informationsfreiheit im World Wide Net streitet. Franzen versteht es mit spielerischer Souveränität, gleichzeitig über den Kampf der Geschlechter, den Berliner Mauerfall, die Probleme des modernen Enthüllungsjounalismus, die Bedeutung von Treue im zwischenmenschlichen Dasein und die Suche nach Identität zu schreiben.
Dabei schreckt er auch vor ebenso weisen wie unterhaltsamen philosophischen Einsprengseln nicht zurück. So ist “Unschuld” ein großartig-üppiger gesellschaftspolitischer Rundumschlag, der zum Nachdenkenden anregt, sich Exkurse in die Geschichte traut, einen zum Lachen bringt und zugleich wichtige aktuelle Themen anspricht. Glänzend gelesen von Sascha Rotermund und Walter Kreye.
Jonathan Franzen ist 1959 in Western Springs / Illinois geboren, wuchs in einer Vorstadt von St. Louis auf. 1988 veröffentlichte er den Roman „The Twenty-Seventh City“, 1992 „Strong Motion“. Für seinen dritten Roman und sensationellen Erfolg „The Corrections“ erhielt er 2001 den National Book Award verliehen. Schon vorher hat ihn die Zeitschrift The New Yorker unter die „Twenty Writers for the 21st Century“ gerechnet. Jonathan Franzen lebt in New York. Rezension von Unruhezone

© der Hörverlag
Ungekürzte Lesung
21. September 2015
ISBN: 978-3844519624
Original: Purity
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