
Florian Illies: OrtsgesprÀch
ORTSGESPRĂCH von Florian Illies erzĂ€hlt von eine Parallelwelt irgendwo hinter Kassel oder tief verborgen im Kopf moderner Urbaniten.
Wo âLatte Machiatoâ noch immer modischer Schnickschnack ist, wo die Telefonvermittlung bereits nach der dritten Stelle durchstellt und der Herbst sich im sĂŒĂlichen Geruch von Entsaftern und Obstkuchen-Blechen ankĂŒndigt, dort fĂ€ngt Florian Illies OrtsgesprĂ€ch an.
Ein Loblied auf die dörfliche oder kleinstĂ€dtische Heimat, die viele von uns vor Jahren erleichtert zurĂŒckgelassen und im groĂstĂ€dtischen Rummel um Ausbildung, Nightlife und Job lĂ€ngst verdrĂ€ngt haben â bis, ja bis alljĂ€hrliche Ereignisse wie Weihnachten oder der Geburtstag von Tante Do uns zur kurzen RĂŒckkehr in eine vergessene Welt zwingen.
âNatĂŒrlich ist in diesem Buch alles erstunken und erlogenâ, warnt Illies alle jene, die bei der LektĂŒre seiner kurzweiligen Episoden in romantische VerklĂ€rung versinken wollen. Seiner genauen Beobachtung entgeht weder der unvermeidliche Niedergang dörflicher TraditionsgeschĂ€fte noch der schwungvolle Internet-Handel rĂŒstiger Rentner im raufaserverkleideten DachgeschossbĂŒro.
Und dennoch schlĂ€gt er eine Saite in uns an, die offenbar aufs Schwingen gewartet hat. Sei es aus reiner Nostalgie oder sei es aus Sehnsucht nach jenen Zeiten, in denen der Ortstarif noch im Acht-Minuten-Takt zĂ€hlte, der mitternĂ€chtliche Besuch im Freibad zum illegalen Sommer-Highlight gereichte und der Sirenenalarm samstags um 12 Uhr niemals Feuer, sondern den endgĂŒltigen Beginn des Wochenendes anzeigte. Ein ebenso unaufgeregtes wie pointiertes Buch ĂŒber eine Parallelwelt, die es immer noch geben soll. Irgendwo hinter Kassel oder tief verborgen im Kopf moderner Urbaniten.
Florian Illies, 1971 in Schlitz geboren, leitete die Berliner Seiten der FAZ und das Feuilleton der FAS. Heute ist er Herausgeber der Zeitschrift „Monopol“ in Berlin.
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