Jaroslav Rudis: Vom Ende des Punks in Helsinki
Jaroslav Rudis spĂŒrt in VOM ENDE DES PUNKS IN HELSINKI dem LebensgefĂŒhl der Punks im Osten Europas in den 1980er Jahre nach.
Was macht man als Punk, wenn man langsam die 40 ĂŒberschreitet und die Haarpracht fĂŒr den Iro nicht mehr reicht? Ole hat das Helsinki, seine eigene Kneipe, die sich in einer aufstrebenden ostdeutschen GroĂstadt erfolgreich gegen Moderne und Gentrifizierung stemmt – man könnte auch sagen: hier bleibt alles, wie es ist. Doch hat das Zukunft? Ole lebt allein, nachdem ihn Frau und Tochter verlassen haben, und hĂ€ngt seiner Vergangenheit als Ostzonenpunk hinterher. Immer öfter wandern seine Gedanken zurĂŒck zu seiner Jugendliebe Nancy, die er 1987 bei einem Punkfestival in Pilsen kennenlernte und die kurz darauf bei der Flucht in den Westen starb. Als die Stadt seinen Schuppen wegen Einsturzgefahr schlieĂt und beim Aufbau des neuen âHelsinkiâ eine Pause eintritt, nimmt Ole die Spuren seiner Vergangenheit auf und macht sich auf den Weg âŠ.
Punk im Osten – ein Thema, das aktuell auf vermehrtes Interesse trifft. Wie war es hinter dem âeisernen Vorhangâ? wie lebte es sich als Jugendlicher, wenn man mit der staatlichen verordneten Normalkultur einfach nichts anfangen konnte? Jene, die in den 80er Jahren der Punkbewegung nahestanden, hatten es im gut durch organisierten Osten jedenfalls nicht einfach. Schulverbot, stĂ€ndige Schikane und schlieĂlich Knast standen auf dem Stundenplan. Trotzdem oder gerade deswegen war der Auftritt der âToten Hosenâ im tschechischen Pilsen fĂŒr viele das gröĂte Ereignis des Jahres 1987. Diesem PhĂ€nomen spĂŒrt der tschechische Autor Jaroslav Rudis in seinem Roman âVom Ende des Punks in Helsinkiâ nach. Dieses GefĂŒhl, anders zu sein und sich den Normen der Gesellschaft nicht unterwerfen zu können, versucht Ole bis in die Gegenwart zu retten.
Der Autor switcht dabei nicht nur zwischen den Zeiten hin und her, er wechselt auch die jeweilige ErzĂ€hlperspektive von Ole zu Nancy und zurĂŒck. Gerade Nancys ErzĂ€hlungen sind dabei grafisch sehr ansprechend gestaltet und inhaltlich wie TagebucheintrĂ€ge aufgebaut. Doch Jaroslav Rudis lĂ€sst seinen Helden Ole nicht in einer rosarot verklĂ€rten Vergangenheit versacken Er gibt ihm eine Chance, sich eine neue Existenz aufzubauen und mit dem eigenen Lebensweg ins Reine zu kommen, ohne sich dabei zu verleugnen.
Die Story, die manchmal an Sven Regeners Frank Lehmann-Trilogie erinnert, vermittelt auf jeden Fall eines. Den authentischen Hauch eines unkonventionellen LebensgefĂŒhls, das es lohnt, bewahrt zu werden.
Jaroslav RudiĆĄ, geboren 1972, ist Schriftsteller, Drehbuchautor und Dramatiker. »Grandhotel«, nach »Der Himmel unter Berlin« sein zweiter auf Deutsch erschienener Roman, wurde 2006 verfilmt. Sein neuer Roman »Vom Ende des Punks in Helsinki« ist schon ins Französische, Finnische und Polnische ĂŒbersetzt worden.