Sven Regener: Neue Vahr Süd
Ironisch-authentisch und charmant hat Sven Regener in NEUE VAHR SÜD den Flair der 80er Jahre eingefangen mit seinen tiefschürfenden Debatten, den exessiven Partys
Sven Regeners neuer Roman „Neue Vahr Süd“, ist die Geschichte von Herrn
Lehmann, als er noch Frank heißt und in Bremens Satellitenviertel „Neue
Vahr Süd“ bei seinen Eltern wohnt. Das Buch beginnt am Tag der großen
Veränderungen. Er muss zum Bund, weil er die Verweigerung irgendwie verpennt
hat und er zieht bei seinen Eltern aus, weil diese sein Zimmer brauchen.
Wenige Jahre nach der K-Gruppen-Zeit lebt er mit „Ex-Genossen“ und Punkrockern
in einer schmutzig-chaotischen Männer-WG - sein persönliches Kontrastprogramm
zur Bundeswehr. Mitten in diesem freiwilligen Chaos beschließt der ansonsten
etwas lethargische Protagonist den Kriegdienst zu verweigern.
Der Roman umfasst ca. ein Jahr im Leben von Frank Lehmann. Es passiert
eigentlich nicht viel, doch gerade durch diesen Minimalismus schafft es
der Autor seine Leser zu faszinieren. Die Dialoge sind grandios und zum
Teil so komisch, dass man aus dem Schmunzeln nicht heraus kommt.
Fast drehbuchartig führt Frank mit einer humorvollen Schrägheit und mit
großem Widerspruchsgeist seine Auseinandersetzungen mit Freunden, Eltern
und Vorgesetzten. Vor allen Dingen die Passagen über seine Zeit bei der
Bundswehr sind schaurig komisch und sollten zur Pflichtlektüre für Unentschlossene
werden. Hier entpuppt sich der Autor als konsequenter Bundeswehrgegner.
Aber auch die linke Studentenszene in Bremen bekommt ihr Fett weg. Ironisch-authentisch
und charmant hat der Autor den Flair der 80er Jahre eingefangen mit seinen
tiefschürfenden Debatten, den exessiven Partys und den scheinbar oberflächlichen
Freundschaften.
Wer von Regener einen spannenden Handlungsbogen und rasante Action erwartet
kommt nur wenig auf seine Kosten. Wie schon bei „Herrn Lehmann“, liegt
seine Stärke in der Beschreibung von Details, die unwechselbar in diese
Zeit gehören.
Rezension von Silke Schröder
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