Val McDermid: Nacht unter Tag
Val McDermid gelingt mit „Nacht unter Tag“ eine spannende und zugleich ungewöhnliche Inszenierung aus dem schottischen Fife
Inspektorin Karen Pirie und ihr Team arbeiten in der sĂŒdschottischen Region Fife an den so genannten âcold casesâ, FĂ€llen, die weit in die Vergangenheit zurĂŒckreichen und nie aufgeklĂ€rt wurden.
Der schottische Bergarbeiterstreik
Einer davon ist der von Mick Prentice. Der Gewerkschaftsaktivist verschwand damals wĂ€hrend des groĂen schottischen Bergarbeiterstreiks in den 80er Jahren und alle dachten, er wĂ€re als verachteter Streikbrecher in eine andere Stadt gezogen. Auch seine Tochter Misha will nach ĂŒber 20 Jahren nur deshalb wieder den Kontakt zu ihm aufnehmen, weil sie ihn als RĂŒckenmarkspender fĂŒr ihren kranken Sohn braucht. Doch Mick ist nicht aufzutreiben und als Karen anfĂ€ngt zu ermitteln, entdeckt sie sehr schnell jede Menge Ungereimtheiten.
Parallel dazu stöĂt die junge englische Journalistin Bell Richmond in ihrem Italien-Urlaub zufĂ€llig auf eine Reihe von Indizien, die auf einen spektakulĂ€ren alten EntfĂŒhrungsfall hinweisen. 1985 wurde die Tochter eines der reichsten MĂ€nner Schottlands entfĂŒhrt und kam bei der LösegeldĂŒbernahme ums Leben. Bell wittert die Story ihres Lebens und fĂ€hrt nach Schottland zu Brady Grant, dem Vater der Ermordeten. Obwohl der alte Mann nichts mit der Presse zu tun haben will, lĂ€sst er sich auf einen Deal mit Bel ein: Sie bekommt die Exklusivrechte an der Geschichte, wenn sie es schafft, seinen seit damals vermissten Enkel zu finden.
Cold Case
Der Schottin Val McDermid gelingt mit âNacht unter Tagâ ein ganz besonderer Thriller. Sie baut ihre Geschichte fast wie eine Biografie auf und springt nicht nur gewand zwischen den beiden Parallelhandlungen hin und her, sondern nutzt auch jede Menge RĂŒckblenden, um den Fall noch packender zu gestalten. Ihre Technik erinnert damit an die erfolgreiche TV-Serie âCold Caseâ, die filmisch ganz Ă€hnliche Mittel einsetzt. Besonders gut stellt McDermid den verzweifelten Kampf der schottischen Bergarbeiterfamilien gegen die damaligen ZechenschlieĂungen dar – vielleicht auch, weil sie durch ihre eigene Familie einen ganz persönlichen Bezug zu diesem Thema hat. Dabei kritisiert sie noch heute den harten Umgang der Polizei und der âIron Ladyâ Margret Thatcher mit den Streikenden.
Eingebettet in wunderschöne Landschaftsbeschreibungen, wie wir sie schon aus ihrem Roman âDas Moor des Vergessens â kennen, wird âNacht unter Tagâ durch die spannende und ungewöhnliche Inszenierung der Story, durch viele Informationen ĂŒber die gröĂte Streikbewegung der englischen Nachkriegsgeschichte, durch starke Frauenfiguren und sympathische Ermittler zu einem echten Pageturner.
Val McDermid wurde 1955 in Kirkcaldy im schottischen Fife geboren und wuchs dort in einer Bergarbeiterfamilie auf. Nach der Schulzeit studierte sie Englisch in Oxford. Nach Jahren als Literaturdozentin und als Journalistin bei namhaften Zeitungen lebt sie heute als freie Autorin in Manchester und in einem kleinen Dorf an der englischen NordseekĂŒste.
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