Sayaka Murata: Das Seidenraupenzimmer

In DAS SEIDENRAUPENZIMMER zeigt die Japanerin Sayaka Murata wie schwierig es ist, dem engen Korsett der gesellschaftlichen Konventionen zu entkommen.

Mit zehn Jahren glaubt Natsuki fest, dass sie ein Magical Girl ist und, wie ihr Cousin Yu, eigentlich von einem fernen Planeten stammt. So freut sie sich besonders auf das kommende jährliche Familienfest, bei dem sie Yu wiedersehen wird. Beide fühlen sich von ihren Eltern missverstanden und warten sehnsüchtig auf das Raumschiff, das sie aus dieser Misere herausholen wird. Bald, bestimmt. Oder jedenfalls irgendwann. Ganz sicher! Als Natsuki von ihrem Lehrer sexuell missbraucht wird, glauben ihr weder ihre Eltern noch ihre Schwester. Doch für Natsuko ändert dieser Tag alles…

In ihrem Roman “Das Seidenraupenzimmer” erzählt die Japanerin Sayaka Murata eine eindringliche Geschichte aus der Sicht ihrer Heldin Natsuki. Nach einem Ausflug in ihre Kindheit setzt sie 23 Jahre später wieder ein und beschreibt sehr eindringlich, wie die junge Frau immer wieder versucht, es allen recht zu machen, aber dennoch an den gesellschaftlichen Normen scheitert. Vor allem ihre Familie mischt sich an allen Ecken und Enden in ihr Leben ein. Selbst als Natsuki geheiratet hat, glaubt die Verwandtschaft mitreden zu müssen, denn ihr Auserwählter ist ebenfalls ein Außenseiter, der sich nicht dem Druck der vermeintlichen Normalität beugen will, “der Fabrik”, wie er es nennt. Sehr treffend zeichnet die Autorin die konventionell-verkrusteten Einstellungen der japanischen Mehrheitsgesellschaft und die von ihr ausgeübten Zwänge nach. Und wie in ihrem herrlich skurrilen Erfolgsroman “Die Ladenhüterin” zeigt uns Sayaka Murata auch in “Das Seidenraupenzimmer” einen überraschenden, aber sehr konsequenten und drastischen Weg, dem engen Korsett der gesellschaftlichen Konventionen temporär entfliehen zu können.

Sayaka Murata wurde 1979 in der Präfektur Chiba, Japan, geboren und arbeitet selbst in einem Konbini. Für ihre literarische Arbeit erhielt sie bereits mehrere Auszeichnungen, unter anderem den Noma-Literaturpreis für Nachwuchsschriftsteller und den Mishima-Yukio-Preis. Ihr Roman "Das Seidenraupenzimmer" gewann 2016 mit dem Akutagawa-Preis den renommiertesten Literaturpreis Japans.

Rezension von Silke Schröder

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